Zum Burgfest 2001:
„Wir bewundern Euren
Mut und Eure Hingabe!“
Gleich
drei Jubiläen feierte der Burgverein Reichenbach am Sonntag bei seinem
diesjährigen Burgfest auf der Burgruine Reichenbach: 100 Jahre Rettung
der Burg Reichenbach durch Gustav Siegel, 35 Jahre Burgverein
Reichenbach und 15 Jahre Verschwisterung mit dem Förderkreis Lichtenau
in Westfalen.
Über
300 Menschen fanden sich bei schönstem Wetter zu Fusse des mächtigen
Bergfrieds der Ruine ein und lauschten den Grussworten der lokalen
Prominenz, darunter Landrat Dieter Brosey,
Landtagsabgeordneter Uwe Brückmann und Bürgermeister Jürgen
Herwig. Eingeleitet wurde der Festakt durch die Wickersröder Bläser,
später untermalten auch die Liedertafel und der Hessisch-Waldeckische
Gebirgs- und Heimatverein Eschenstruth mit Sangesdarbietungen das
Programm. Dr. Georg Koch skizzierte in wenigen Worten das Leben Gustav
Siegels, dem Retter der Burg vor 100 Jahren. Nur durch dessen Engagement
konnte der Bergfried vor dem Abriss bewahrt und statt dessen saniert
werden.
Landrat Brosey dankte
nicht nur dem Burgverein, sondern auch dem Hessisch-Waldeckischen
Gebirgs- und Heimatverein Hessisch Lichtenau, der bereits vor 100 Jahren
damit begonnen hatte, sich um die Erhaltung des lokalen kulturellen
Erbes einzusetzen. Seit 1966 unterstützt der Burgverein, einst als Bürgerinitiative
zur Rettung des Bergfrieds gegründet, dieses Engagement. „Sie
bewahren die Tradition und Geschichte unserer Heimat! Dafür danken wir
Ihnen!“ meinte Brosey dann auch. Und Bürgermeister Jürgen Herwig
lobte die beiden Vereine, im besonderen aber den Burgverein, der sich
durch seine Vorträge und Publikation, darunter die Reichenbacher Blätter,
über die Region hinaus einen Namen gemacht habe. Und auch Vertreter aus
Lichtenau/Westfalen richteten einige Grussworte an das Publikum und an
den Burgverein: „Wir bewundern Euren Mut und Eure Hingabe!“ Abschliessend
berichtete der langjährige Vorsitzende des Burgvereins, Dr. Ernst
Froelich, über die vergangenen 35 Jahre und lobte dabei ganz besonders
seinen Nachfolger im Amt des Vorsitzenden, Günter Bauer, für dessen
aufopferndes Engagement.
Bei Bratwurst,
Fettenbrot und kalten Getränken konnte schliesslich viel Wissenswertes
über die vergangenen 100 Jahre untereinander ausgetauscht werden, oder
der Bergfried lud zu einem herrlichen Blick über die Lichtenauer Hochfläche
ein. Übrigens, die Freiwillige Feuerwehr Hessisch Lichtenau bot an
diesem Sonntag einen ganz besonderen Service an. Da der Bergfried nicht
mit dem Auto angefahren werden darf, richteten die Lichtenauer Brandschützer
kurzerhand einen Pendelverkehr mit ihrem Kleinbus ein, so dass es auch
älteren Menschen ermöglicht wurde, am Festgeschehen teilzuhaben.
Jahreshauptversammlung
2001:
Erhöhung der
Mitgliedsbeiträge und positiver Rückblick
Bei
der gemeinsamen Jahreshauptversammlung des Burgvereins Reichenbach und
des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde, Ortsverein
Hessisch Lichtenau, am Mittwoch Abend im Sippelschen Hof in Reichenbach
wurde ein positiver Rückblick auf die Arbeit beider Vereine im
vergangenen Jahr gezogen.
Die gemeinsam von
Geschichts- und vom Burgverein durchgeführten Veranstaltungen im
vergangenen Jahr seien gut besucht worden, berichtet Günther Bauer,
Vorsitzender des Burgvereins, besonders die Exkursionen und der
Duckefettabend erfreuen sich grösster Beliebtheit. Das aktuelle Jahr
stehe ganz im Zeichen des Burgfestes, anlässlich der 100jährigen
Sanierung des Bergfrieds der Burg Reichenbach
Der Vorsitzende des
Geschichtsvereins, Dr. Georg Koch, erinnerte an den verstorbenen
Heimatmaler Konrad Schwalm, selbst Vereinsmitglied, und würdigte dessen
Verdienste um die Stadt und um den Verein. Anschliessend diskutierten
beide Vereine über die Anpassung der Jahresbeiträge an die neuen
Euro-Werte. Einzelpersonen im Burgverein müssen künftig 15 Euro,
Familien 20 Euro Mitgliedbeitrag zahlen. Im Geschichtsverein ist der
Betrag für Schüler/Studenten bei 12,50 Euro gleich geblieben, normale
Einzelmitglieder müssen künftig 25 Euro an Beiträgen pro Jahr zahlen.
Abschliessend hielt Dr.
Cornelius einen Vortrag über die Reichenbacher Grabsteine und
schilderte Anhand der Inschriften der Steine und der Angaben in den
Kirchenbüchern der Region die Verwandtschaftsverhältnisse der
Verstorbenen.
Zum
Vortrag am 07.03.2001 von Willi Brandau
(Reichenbach) „Rettet die Burg Reichenbach – seit 100 Jahren ständiger
Kampf gegen den Verfall“
Dem
Nordostturm der ehemaligen Burg Reichenbach, als Bergfried und wichtiger
Aussichtsturm der Region Lichtenau bekannt, gelten seit über 100 Jahren
die Bemühungen von Einzelinitiativen und Vereinen zur Erhaltung.
1895 war
der Zustand derart kritisch und der Verfall gewaltig, dass der bekannte
Lichtenauer Stadtchronist Gustav Siegel eine reichsweit beachtete Aktion
zur Rettung einleitete.
Zur
Situation 1895 bemerkte Siegel:
„Die
Burgstätte bot ein äusserst trauriges Bild. Der Bergfried war kaum
noch als Turm zu bezeichnen. Aussen und innen der alten
Hausteinbekleidung beraubt, bestand er fast nur noch aus einem Teil des
einstigen Füllmauerwerks, das namentlich an der Wetterseite schon sehr
gelitten hatte und durch einen tiefen Einbruch geschädigt war.“
Dank
eines höchst engagierten Ortsausschusses mit Siegel an der Spitze,
konnten Spenden im gesamten
Deutschen Reich u.a. vom König von Württemberg, dem Hoch- und
Deutschmeister Erzherzog Eugen von Österreich, Landgräfin Anna von
Hessen und der Gräfin Amalie von Reichenbach-Lessonitz gesammelt
werden. Unter grosser Teilnehmer der Bevölkerung wurde der Bergfried am
21. Juni 1901 eröffnet. Trotz aller Sorgfalt beim Wiederaufbau gab es
in den 20iger Jahren erneute Verfallserscheinungen.
1925
stellten sich Gustav Siegel und der Hessisch Waldeckische
Gebirgs- und Heimatverein aus Hessisch Lichtenau in den Dienst
der Sache. Aus Geldmangel konnten die notwendigen Arbeiten nicht
durchgeführt werden.
Erst
1933, als die Nationalsozialisten die Sanierung zu ihrer Sache machten
(„Ein hessisches Wahrzeichen bedroht. Ruine Reichenbach vor dem
Verfall“), wurde saniert. Gleichzeitig gab es auch Ausgrabungen.
Bereits
1949 allerdings war der Bergfried erneut vom Einsturz bedroht. Wiederum
war es der Gebirgsverein, der sich um die Erhaltung bemühte.
Am 02.
Januar 1949 gab es eine Wanderung zur Burg, um die Schäden zu
besichtigen.
Im Juni
1950 war der Turm wieder hergestellt, rechtzeitig zum 1. Heimatfest der
Stadt Lichtenau in Hessen nach dem Krieg. Aber bereits der strenge
Frostwinter 1955/56 sorgte erneut für grosse Schäden, die 1958
beseitigt wurden. Am 26. Oktober 1958 gab es eine Sternwanderung
nordhessischer Gebirgsvereine und die feierliche Wiedereröffnung. Aber
auch diese Arbeiten hatten den letzten erhaltenen Zeugen der früheren
Burg Reichenbach auf Dauer nicht wetterfest gemacht.
1965
brachen grosse Teile des Mauergerüstes heraus. Jetzt war Gefahr im
Verzug. Ein Abriss wurde von öffentlicher Stelle in Erwägung gezogen
und ein Betonaussichtsturm sollte an die Stelle des historischen
Bauwerkes gestellt werden. Sogar Zweifel an der Echtheit des
Kulturdenkmals kamen auf.
Als
Folge wurde der Burgverein Reichenbach gegründet, der 1966 eine
Instandsetzung unter seinem 1. Vorsitzenden Dr. Ernst Froelich durchführte.
Allerdings musste der Turm bereits 1977 wieder gesperrt werden und
umfangreiche Sanierungsarbeiten folgten.
Am 22.
Juni 1980 wurde der Bergfried wieder der Öffentlichkeit übergeben. 800
Wanderer begrüssten diese Massnahme mit gewaltigem Beifall. Immer
wieder hat der Burgverein die Bedeutung dieses historischen Denkmals vor
Ort und in Wort und Bild deutlich gemacht. Zahlreiche Vorträge zur
Geschichte der Burg, über die Grafen von Reichenbach und die
Sanierungsbemühungen der letzen 100 Jahre und Exkursionen zur Burg
konnten einem grossen Interessentenkreis die Aufgaben des Burgvereins
sichtbar machen.
Die
20-Jahr-Feier des Burgvereins 1986 auf der Burg mit der Uraufführung
des „Spiels um Reichenbach“ von Georg Koch und „Ein Tag auf der
Burg“ am 01.05.1993 lockten jeweils mehr als 1000 Leuten zur Burg.
Seit 10
Jahren gibt es die in der ganzen Region bekannte Veranstaltung
„Neujahr auf der Burg“, wo Wandergruppen aus Hessisch Lichtenau und
aus Reichenbach (vom Sippelschen Hof, dem Domizil des Burgvereins)
kommend, das neue Jahr begrüssen und sich die Bedeutung des Bergfries
bewusst machen.
Nun gibt
es neuerdings seit 1999 wieder sichtbare Verfallserscheinungen. Forst
und Burgverein werden sich gemeinsam bemühen, zu Beginn des 2.
Jahrtausends die notwendigen Arbeiten durchzuführen.
Willi
Brandau zeigte mit eindrucksvollen Bildern die Erhaltungsbemühungen und
Verfallserscheinungen in den letzten 100 Jahren auf. Gleichzeitig
stellte er die sichtbaren Fragmente der ehemaligen Burg, wie den
Turmstumpf des Südostturmes; Steinrestes des Pallas und des Torhauses
und die deutlich erkennbaren Wall, Graben und Vorburganlagen vor. Der
Vortrag war ein eindrucksvoller Appell wachsam auch im 3. Jahrtausend
den Bergfried zu betrachten, um gegebenenfalls durch Sanierungsmassnahmen
seinen Bestand zu erhalten.
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